Das Cannabisgesetz und das Problem der „nicht geringen Menge“ – AG Aschersleben setzt Zeichen
Was hat es mit der "nicht geringen Menge" im § 29a BtMG auf sich?
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Das Amtsgericht (AG) Aschersleben hat kürzlich eine Entscheidung getroffen, die nicht nur Cannabis-Konsumenten, sondern auch Rechtsexperten aufhorchen lässt. Mit einem neuen Grenzwert für die „nicht geringe Menge“ des berauschenden Cannabis-Wirkstoffs THC stellt das Gericht die bislang geltenden Regeln des Bundesgerichtshofs (BGH) infrage. Laut dem AG Aschersleben liegt der Wert bei 37,5 Gramm reinem THC, während der BGH diesen bisher mit 7,5 Gramm ansetzte. Dies bedeutet eine Erhöhung um 30 Gramm, was erhebliche Auswirkungen auf die Rechtsprechung und den Umgang mit Cannabis in Deutschland haben könnte. Die von den Gerichten festgelegten Mengen beziehen sich auf den reinen THC Gehalt. Wenn der Wirkstoffgehalt bei etwa 10 % liegt, dann wären 7,5 Gramm reines THC in etwa 75 Gramm des gesamten Produkts enthalten.
Der rechtliche Hintergrund: Cannabis und die „nicht geringe Menge“
In Deutschland spielt der Grenzwert für die „nicht geringe Menge“ eine entscheidende Rolle in Strafprozessen rund um Cannabis. Sobald dieser Wert überschritten wird, greift das Strafrecht mit verschärften Maßnahmen – höhere Strafen und keine Option für Einstellungen oder geringe Strafen. In der Vergangenheit hat der BGH diesen Grenzwert mit 7,5 Gramm THC festgelegt. Diese Obergrenze war ausgerichtet auf den Umgang mit illegalem Cannabis, insbesondere um den Handel und Besitz größerer Mengen effektiv zu sanktionieren.
Das neue Cannabisgesetz und die Entscheidung des AG Aschersleben
Mit dem neuen Cannabisgesetz, das 2024 in Kraft trat, hat sich die rechtliche Landschaft verändert. Nun dürfen Erwachsene in Deutschland bis zu 50 Gramm Cannabis (am festen Wohnsitz) für den Eigenbedarf besitzen, was einen bedeutenden Schritt in Richtung Legalisierung darstellt. Die Diskussion über Grenzwerte und Strafen für Besitzmengen oberhalb dieser Obergrenze blieb jedoch bestehen – und genau hier setzt das AG Aschersleben mit seiner Entscheidung an.
Die Festlegung des neuen Wertes von 37,5 Gramm THC durch das AG Aschersleben hebt den gesetzlichen Grenzwert um ein Vielfaches an. Das Gericht argumentiert, dass durch die Reform des Cannabisrechts eine Neudefinition der „nicht geringen Menge“ notwendig sei, um realistisch und verhältnismäßig zu bleiben.
Was bedeutet die Entscheidung des AG Aschersleben?
Diese Entscheidung könnte weitreichende Folgen haben. Einerseits könnte der neue Grenzwert als Orientierung dienen, auch für andere Gerichte, die nun in Cannabis-Fällen über Besitzmengen entscheiden. Andererseits könnte dies zu einem Flickenteppich unterschiedlicher regionaler Auslegungen führen, wenn andere Amtsgerichte oder sogar Oberlandesgerichte sich an den Wert des BGH halten.
Falls sich der neue Grenzwert von 37,5 Gramm THC bundesweit durchsetzen würde, wäre dies ein starker Impuls für die Entkriminalisierung und könnte Konsumenten vor drakonischen Strafen bewahren. Für viele Konsumenten könnte das zudem den rechtlichen Spielraum erweitern, da mit einer Menge bis zu diesem neuen Grenzwert weniger strafrechtliche Konsequenzen drohen würden.
Kritik und Ausblick: Was sagen Experten?
Die Entscheidung des AG Aschersleben ruft gemischte Reaktionen hervor. Kritiker argumentieren, dass das Amtsgericht hier seine Kompetenz überschreitet und dass der BGH als höchstrichterliche Instanz der gültige Standard sein sollte. Andere Rechtsexperten begrüßen die Entscheidung, da sie sich eine modernere, realitätsnähere Auslegung der Cannabisgesetze wünschen, die dem veränderten gesellschaftlichen Umgang mit Cannabis gerecht wird.
Es bleibt abzuwarten, ob sich die Praxis des AG Aschersleben auf andere Gerichte ausweitet oder ob der BGH sich hierzu erneut äußern wird. Klar ist, dass das Thema der Grenzwertbestimmung noch lange nicht abgeschlossen ist und das neue Cannabisgesetz noch Raum für Interpretationen lässt.